Am 5. März 2022 besteht die NABU-Gruppe Lichtenau/Rheinmünster 40 Jahre. Ein bis heute sehr langer, teilweise auch steiniger Weg für die Aktiven und alle weitere Mitglieder vom NABU, die damals mit neuen Ideen im Umwelt- und Naturschutz, insbesondere beim Arten- und Biotopschutz, Akzente setzen wollten.
Über 50 Anwesende beim Deutschen Bund für Vogelschutz -DBV- , seit den 90er Jahren als NABU bekannt, erlebten im Gasthaus „Lamm“, Lichtenau teilweise eine emotionale Gründungsversammlung unter dem neu gewählten Vorsitzenden Herbert Schön. Die Gründung einer neuen Ortsgruppe bzw. Abspaltung von dem zuvor schon bestehenden DBV Bühl/Achern war alles andere als geplant, jedoch im Nachhinein dringend notwendig. Und nicht überall sind die damals gerade nicht ganz neuen Ideen in den Rheinanliegergemeinden auf Gegenliebe gestoßen. Nicht nur beim Nistkastenbau, sondern bei vielen Interessenvertreter, Institutionen, Amtspersonen und politischen Gremien mussten die NABU-Aktiven damals dicke Bretter bohren.
Manche Probleme haben sich durch die Zeit geregelt, jedoch bei vielen Problemfeldern mussten wir mit Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen an der Sache dranbleiben, bis sich Erfolge einstellten.
Als herausragendes Beispiel für unsere Bemühungen möchten wir zunächst das Gerangel um die fast endlose Geschichte zur Erhaltung der letzten Westwall-Bunkerruinen als „ökologische Trittbrettsteine“ in der ausgeräumten Landschaft herausstellen. Der Erfolg ist der Hilfe von Presse, Funk und Fernsehen und ebenso der politischer Unterstützung von Abgeordneten geschuldet, die hinter unseren Interessen standen. Letztlich kam ein Kompromiss zustande und so ganz nebenbei konnte der Staat mehrere sechsstellige Summen von Steuergeldern einsparen. .
Wachsamkeit und glückliche Umstände in Verbindung mit der Unterstützung der Kommunen und Abgeordneten nebst der Gründung einer Bürgerinitiative mit Unterstützung von allen badischen und elsässischen Naturschutzverbänden verhinderte letztlich einen irreparablen Geländeverlust und -einschnitt im badisch-elsässischen Raum. Die Planung der TGV-Schnellbahntrasse sollte von Straßburg-Hörth das Naturschutzgebiet „Roßmörder“ bei Offendorf durchschneiden und mit dem Brückenbau über den Rhein beim Rencheck hätte die hohe Bahntrasse dann Lichtenau und Scherzheim massiv getrennt (1991).
Mit viel Aufwand und finanziellen Mitteln des NABU-Landesverbandes Bad.-Wttbg. konnten wir einen großen Erfolg gegen einen ökologisch hochwertigen großen Geländeverlust „verbuchen“. Der NABU, gemeinsam mit zwei Bürgerinitiativen in Schiftung und Halberstung, hatte sich seit den 90er Jahren strikt gegen eine neue Straßentrasse zwischen der A 5 zum Baden-Airpark (ehemals NATO-Flugplatz Söllingen) zur Wehr gesetzt. Die Pläne des Landkreises Rastatt waren mit den gesetzlichen Bestimmungen des europäischen Rechts nicht vereinbar. Mit einer juristischen Expertise gemäß den strengen europäischen Artenschutz-Bestimmungen „durchkreuzte“ der NABU mit Unterstützung des Landesnaturschutzverbandes das mehr als aufwendige und politisch motivierte Straßenbauvorhaben des Landkreises Rastatt.
Kaum war diese langjährige Baustelle ad acta, kam eine neue hinzu: Im Striethwald in Muckenschopf, der sich im Staatsbesitz befindet, wollte der Landesjagdverband Bad.-Wttbg. (LJV) unbedingt ein Schwarzwildgatter zur Ausbildung von Jagdhunden für die Wildschweinjagd errichten. Nachdem hier offensichtlich wurde, dass der LJV nicht mit offenen Karten gespielt hat. Der NABU, die Stadt Lichtenau und der Ortschaftsrat Muckenschopf haben mit offenem Widerstand die Pläne für eine abgesperrte Enklave mit rund 7 ha mitten im Striethwald verhindert.
Rückblickend können wir feststellen, dass vieles im Sinne der Umwelt- und Naturschutzes besser gelaufen wäre, hätte man die ehrenamtlichen Vertreter des Umwelt- und Naturschutzes mit dem Wissen über die örtlichen Gegebenheiten mehr in die Verantwortung mit einbezogen.
Ein klassisches Beispiel dazu ist die Rekultivierung des Sehring-Geländes am See II. Zunächst wurde das Areal gänzlich von allen natürlich aufgewachsenen Bäumen, Sträuchern und Gräser in „ Tabularasa-Manier“ platt gemacht werden. Die oft kritisierte große Sandhalde, welche u. a. viele Brutlöcher der seltenen Uferschwalben beherbergte, musste gänzlich verschwinden. Einen Berg gibt es aber immer noch. Er ist nicht mehr aus Sand jedoch aus angefahrenem Abraum ohne Brutmöglichkeiten für Uferschwalben.
Gleiches gilt für die vorhandenen Steilufer, wo Uferschwalben und ebenso der Eisvogel , seine Bruten aufzog. Flachwasserzonen oder Laichzonen für Amphibien funktionieren ebensowenig, weil der Wasserstand dazu nicht ausreicht. Als besonders misslich müssen wir hier das Hin- und Herschieben der Zuständigkeiten der beteiligten Ämter rund um das Rekultivierungsgebiet bezeichnen.
Dem Nabu und der Bevölkerung ist nicht entgangen, dass sich das große Areal rund um See II zwischenzeitlich zu einer Abraumhalde entwickelte, wozu Bodenabraum aus großen Entfernungen über drei Jahre angefahren wurde. Die schon fast schon abgeschlossene Wiederaufforstung ist nach unserem Ermessen eher eine (gesetzliche) Alibi-Funktion.
Das Ulmer Rathaus wurde in diesem Jahr kurzerhand mit dem Neubau eines Horstes in den „Besitz“ von Meister Adebar genommen. Die Aufwärtsentwicklung bei den Weißstörchen hält immer noch an und wird, zumindest in einzelnen Ortschaften wie Stollhofen oder Gamshurst, nicht mehr ohne weiteres mit Beifall begrüßt. Einzelne Hausbesitzer haben dabei mit Schmutz und anderen Unannehmlichkeiten zu kämpfen. In Stollhofen sind es mittlerweile 11 Horste. Zusammen zählen wir in Rheinmünster und Lichtenau nun 19 Horste mit Bruten, während die Anzahl der Jungstörche sich gegen 30 bewegt. Rund 70 % der Jungstörche überleben das erste Lebensjahr nicht.
Unserem langjährigem „Storchenvater“ und Berater Josef Günther aus Bühl-Moos dürfen wir an dieser Stelle für seine jahrelange Unterstützung unseren öffentlichen Dank übermitteln. Er hat im hohen Alter nun seine Aktivitäten für das Weißstorchprojekt eingestellt und sein Ehrenamt in jüngere Hände gelegt.
Nach dem letztjährigen Zwischenhoch bei der Steinkauz-Population mussten wir in diesem Jahr wieder einen Rückgang der Bruten verbuchen. Ausgerechnet dort wo in Kürze ein Neubaugebiet in Lichtenau-Ulm entstehen soll, wurde das Top-Brutrevier vom Steinkauz verlassen. Nun gibt es nur noch fünf Brutpaare des Steinkauz‘ in Lichtenau und Rheinmünster! Unsere ökologischen Bedenken gegen das Neubaugebiet haben wir bei der Stadt Lichtenau bereits schon frühzeitig schrifltich vorgetragen.
Frustrierend ist der Amphibienschutz im Hohlerwald von Stollhofen. Waren es Jahr 2018 noch über 1.500 Lurche, so konnten wir 2021 leider nur sehr wenige Erdkröten und Frösche aufsammeln, gerade mal 20 Stück!!!
Nach diesem dramatischen Rückgang bleibt die Frage offen, trotz zunehmender Trockenheit weiter davon abzusehen, dass immer noch das Grundwasser über die künstlich angelegten Areko-Gewässer nutzlos von Feld und Wald abgezogen wird.
Herbert Schön,
Vorsitzender