Öffentliche Stellungnahme zur Errichtung eines Wildschweingatters im Striethwald in Lichtenau-Muckenschopf

Nachdem in den Sommermonaten 2018 bekannt wurde, dass im Staatswald „Strieth“ in Lichtenau-Muckenschopf Planungen zur Errichtung eines Wildschweingatters mit einer Ausdehnung von fast 10 ha anstehen, hat sich die NABU-Ortsgruppe Li/Rhm. bemüht, beim Landratsamt Rastatt Einsichtnahme in die Planunterlagen zu erhalten. Das abgeschnittene Waldgebiet hat von der Dimension etwa die Länge wie der Ort Muckenschopf, von Süd nach Nord. Nach dem Stand heute, wo bereits seit mehr als vier Wochen der Bauantrag bei der Stadt Lichtenau vorliegt, werden die vollständigen Plan-Unterlagen immer noch zurückgehalten. Noch gravierender: Die erforderlichen Unterlagen des Landesjagdverbandes waren offenkundig nicht vollständig beim Landratsamt Rastatt – Amt für Baurecht, Klima- und Naturschutz u. öffentliche Ordnung – eingereicht worden!  Bei diesem Bauvorhaben handelt es sich um einen Vorgang, bei dem die gesetzlich anerkannten Naturschutzverbände im Land Baden-Württemberg nicht beteiligt wurden. 

     So gesehen muss konstatiert werden, dass Naturschutz, Stadt Lichtenau und letztlich das Landratsamt Rastatt mit dem Planvorhaben im Striethwald in Muckenschopf vom Antragsteller „an der langen Leine geführt“ werden. Eine seriöse Vorgehensweise bei derartigen Vorhaben sieht nach dem Verständnis von Bürgern oder von Behörden anders aus. Im Klartext: Erst nach dem Nachhaken des NABU wurde von amtlicher Seite festgestellt, dass bei dem im Januar d. J. eingegangenen Bauantrag „keine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung, kein Landschaftspflegerischer Begleitplan einschließlich Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen sowie keine FFH-Vorprüfung enthalten“ waren. All dies ist allerdings ein dringendes Erfordernis zur Gewährleistung einer fundierten baurechtlichen Entscheidung.

     Ohne dass der NABU bisher die Möglichkeit hatte, die konkreten Pläne des Wildschweingatters anzusehen oder zu prüfen, droht das Bauvorhaben jeglicher Naturverträglichkeit zuwider zu laufen. Dieser überdimensionierte Eingriff im Waldgebiet „Strieth“ 

neben dem FFH-Gebiet der „Acher“ und dem Vogelschutzgebiet lässt irreparable Schäden für den Artenschutz befürchten. Die Waldgebiete Strieth, Münzwald, Panzermatten, Fünfheimburgerwald und die Waldgebiete auf Gemarkung Unzhurst sind bestens geeignete Habitate für die Wildkatze, die dort nicht erst seit heute vorkommt.                                

     Die Frequentierung der Waldwege mit PKW aus einem großen Umkreis im Land Baden-Württemberg bis zur Schweiz bei der Zu- und Abfahrt zum und vom Wildschweingatter wäre nicht nur für die Wildkatze, sondern ebenso für alle weiteren dort vorkommenden Säugetiere, für Amphibien (Gelbbauchunke, Erdkröte, Springfrosch etc.) und für Reptilien (Eidechsen, Ringelnatter, Blindschleiche) eine Bedrohung. Immerhin sollen nach unseren Informationen neben der großen Umzäunung zwischen „Acher“ und westlichem Waldweg, der nach Gamshurst führt, noch mindestens zwei Gebäude und 15 Stellplätze (mit einer Zaunlänge von über 1.600 m) entstehen. 

     Die bisherigen Totfunde von vier Wildkatzen nebst weiteren Wildtieren wie ungezählten Feldhasen, Rehen, Kleinsäugern, Vögeln etc. indizieren heute schon, wie wichtig es wäre, den Fahrzeugverkehr aus dem weiträumigen Waldgebiet mit den hinführenden Wegen zu entfernen bzw. massiv zu reduzieren statt ihn durch das geplante Vorhaben zu erhöhen. Der nicht zu akzeptierende und zunehmende Fahrzeugverkehr auf den Waldwegen würde mit großer Sicherheit negative Folgen nach sich ziehen.  

     Eine Genehmigung über einen bevorstehenden Bauantrag im geschlossenen Waldgebiet „Strieth“ verstößt nach unserem Ermessen bzw. dem jetzigen Erkenntnisstand gegen die europäischen Artenschutzbestimmungen nach Artikel 12 ff. der FFH-Richtlinie (Habitat der Wildkatze, Vorkommen von streng geschützten Amphibien-Arten). Mit der Inbetriebnahme eines Wildschweingatters im Striethwald sind massive Störungen durch den einsetzenden Fahrzeugverkehr zu erwarten, die dem Tötungsverbot nach     § 44 BNatSchG widersprechen. 

     Der NABU fordert hiermit öffentlich, die Zusendung der vollständigen Unterlagen zur artenschutzrechtlichen Prüfung des Vorhabens. Sofern vollständige Planunterlagen entgegen bisherigen  Informationen doch vorliegen sollten, besteht der NABU auf die Einhaltung der Bestimmungen gemäß § 3 des Umweltinformationsgesetzes. 

Herbert Schön, Vorsitzender

Stellungnahme zum Zeitungsbericht am 12.2.2020 – Minister Hauk besucht Sägewerk Keller in Scherzheim

Die Vorstandschaft in der NABU-Gruppe  ist nicht nur irritiert, sondern gleichermaßen schockiert, dass das Sägewerk Keller in Scherzheim sich urplötzlich zu einer „ökologische Produktionsstätte“ verwandelt hat. Offensichtlich wurden Minister Hauk die speziellen Auswirkungen der Umweltprobleme des Betriebs (Lärm, Licht- und Gewässerverschmutzung) verschwiegen. Ein umfassender Rundgang im Betriebsgelände hätte offenbart, dass das auf dem Betriebsgelände anfallende Oberflächenwasser, welches mit organischen Schadstoffen aus Holz- und Rindenresten belastet ist, ungeklärt in die „Acher“ ablaufen kann. Das entspricht nicht heutigen Umweltstandards.

 Insbesondere bei Regenwetter läuft vom Betriebsgelände die braune Brühe über den Weg und von dort in die „Acher“ trotz der jetzt sichtbaren primitiven Holzstamm-Absperrungen. Das Ergebnis: Im einst ökologisch hochwertigem Flussbett der „Acher“ (FFH-Gebiet)  sind ab dem Gewässerabschnitt beim Sägewerk Keller nur noch wenige Exemplare der streng geschützten Bachmuschel (Unio crassus) aufzufinden.  Das Untersuchungsergebnis wurde brandneu in einer Expertenrunde beim Regierungspräsidium Karlsruhe am letzten Dienstag (11.2.) dargestellt.   Die nicht gestoppten und verschmutzten Einleitungen sind außerdem für geringere Aufkommen von Fischarten verantwortlich, die letztlich dem Eisvogel zum Beuteschema passen.  

Die von uns vor Jahren kritisierte Lichtverschmutzung mit der Ausleuchtung von großen Gemarkungsteilen zwischen Scherzheim und Memprechtshofen hat trotz einer Nachrüstung bei einzelnen Lampen nur wenig gefruchtet. Die massive Ausstrahlung der genannten Gemarkungen verursacht insbesondere eine massive Störung und Tötungen von nachtaktiven Insekten. Das ist schädlich für die ebenso streng geschützten Fledermausarten, denen die Nahrungsquelle entzogen wird. Das „hier ausgemachte“ Insektensterben fördert im negativen Sinne ebenso den Rückgang von Vögeln, die  Insekten auf ihrem Speiseplan haben.  Und:  Die Bevölkerung fühlt sich zunehmend durch die Ausleuchtung der großen Landschaftsteile rings um Scherzheim gestört. Können solche Zustände  ein Ruhmesblatt für das Sägewerk sein?  Auf jeden Fall handelt es sich um keine Ökoproduktion vor Ort!   Notwendige Investitionen, z. B. die massive Umrüstung der Lichtquellen oder die Anbringung von „Lichtabscheidern“,  müssten für einen ökologischen Betrieb längst an vorderster Stelle stehen. Leider können die bedrohten Kreaturen auf den Stimmzetteln keinen Druck ausüben.  

Letztlich bleibt die Hoffnung, dass unsere Bemühungen seit dem Jahr 2014 und unsere öffentliche Kritik nun bei den zuständigen Behörden etwas bewirken. Ansonsten wird man gezwungen sein, noch dickere Bretter zu bohren als dies bisher versucht wurde. 

Herbert Schön, Vorsitzender